(K)ein Märchen

Es war einmal und ist noch immer hinter sieben Bergen und großem Wasser ein weit entferntes Reich. Es ist die größte Macht mit den mächtigsten Streitkräften der Welt.  Mit seinem Reichtum nimmt es Einfluss in vielen Teilen der Welt, immer auf seinen Vorteil bedacht, oft auch mit seinen Kriegern. Andere, kleinere Mächte dienen sich ihnen an, weil sie glauben, so unter deren Schutz zu stehen.

Ein anderes Reich, im vermeintlichen Besitz der Wahrheit für eine gerechtere Welt, strauchelte an seinen eigenen Widersprüchen, noch bevor diese Wahrheiten Wirklichkeit werden konnten. Es zerfiel, sehr zum Gefallen der großen Macht. Doch das zerfallene Reich besann sich auf seine entbehrungsreiche Vergangenheit und erstand neu aus seiner Asche.

Die Mächte waren fortan Feinde und belauerten einander.

Es gelang der einen Macht, der weit entfernten, näher und näher an die andere heranzurücken, zum Schutze aller, wie sie sagten und weil dort das Böse wohnt. Ihre Priester lobpreisten sich und ihre Religion, die Freiheit verspricht und Reichtum. Nichts blieb unversucht, die andere Macht zu verleumden.

Nur noch ein Land blieb übrig, dann war das andere fast vollkommen umzingelt. Die Menschen dort wurden gefragt, ob sie frei und reich sein wollen und viele sagten ja. Aber nicht alle waren einverstanden, sich der Religion der weit entfernten Macht anzuschließen, sondern wollten lieber dem Nachbarn folgen, mit denen sie eine lange gemeinsame Vergangenheit teilen.

Die eine Macht, die weit entfernte, stachelte die Menschen in diesem Land auf, mit langer Hand, wie man sagt, und so prügelten sie aufeinander ein, bis eines Tages die andere Macht die Nerven verlor und sich zwischen die Prügelnden stellte. Das ist, so sagten die Priester der einen Macht, der weit entfernten, gegen alle Regeln und verschwiegen dabei, dass sie zuvor schon längst gegen alle Regeln verstoßen hatten. Sie sagten, wenn ihr den Gerechten (die sie so nennen) nicht beispringt, werdet ihr alles verlieren, was ihr besitzt, eure Freiheit und euren Reichtum.

Viele fielen darauf herein, und besonders ein Land tat sich hervor in der Unterstützung der vermeintlich Gerechten und stellte ihnen allerlei Kriegsgerät zur Verfügung. Viele, viele Jahre war ihnen die Entscheidung nicht abverlangt worden, sich gegen die Macht zu stellen, die ebenso viele Jahre zuvor sie aus einer weit größeren Misere befreit hatte. Aber die Priester predigten und mit ihnen auch alle, die unter ihnen standen.

Es waren wohl auch Lügen dabei, denn nie sagt einer seine Wahrheit, ohne etwas zu verschweigen. Sie wussten, was sie oft genug wiederholen, wird zur neuen Wahrheit. Wenige erkannten die Gefahr für sich und die Welt. Da, wo sie sich bis heute prügeln, weit entfernt noch, brennen die Häuser, aber schon brennt es auch in den Köpfen und Stuben kriegstrunkener Fürsten. Keiner fällt ihnen ins Handwerk.

Die Leute sind gut, die Regierungen aber schlecht. Sie vergessen, dass man ein Gleichgewicht nicht stören darf, weil sonst alle übereinander herfallen. Die weit entfernte Macht weiß das und lehnt sich zufrieden zurück.

Und wenn nicht ein Wunder geschieht, bleibt die Frage: Ohne wen oder was wäre die Welt ein besserer Ort?